Ich schaue auf die Folgen jener ungebrochenen Sichtweise, dank der durch Herrschafts- und Überlegenheitsideologie anhaltend gerechtfertigten Verbrechen der Kolonisierung Afrikas, damals wie heute, gerade eben auch unserer Entscheidungsträger und unserer s.g. Meinungsmacher. Das sitzt so tief; es ist grauenvoll. Diese tief verwurzelte inhumane Kultur zeitigt allerdings nicht nur gedanklich, sondern ganz handfest jene Wirkungen, die es Afrika nach wie vor unmöglich machen, aus seiner Abhängigkeit zu entkommen.
Die Migration der Chancenlosen, die Europa durch Ausbeutung der Ressourcen, eigene wirtschaftliche Abschottung und gleichzeitige Überrschwemmung der afrikanischen Märkte mit subventionierten Billigprodukten erzeugt, wird beantwortet mit umgekehrter Abschottung, unmittelbarer Gewalt gegen Migranten und menschenunwürdiger Migrationspolitik in den europäischen Nationalstaaten, verstärkt durch europäische Kooperation, etwa bei der Abschiebung, um nur eines der grausamsten Beispiele (FRONTEX) zu nennen.
Für die „Unvernunft“ der Afrikaner werden deren Unterentwicklung, Bürgerkriege, mangelnde politische Standards nach europäischem Vorbild, Gewaltherrschaft sich bereichernder Kasten, fehlende Rechtsnormen, usw. usf. angeführt: Dies ist bei Gott der Gipfel des Zynismus und der Garusamkeit, denn der europäischen und anderen wirtschaftlich entwickelten Welt fällt es nicht im Traum ein, die kapitalistische Ausbeutung und die imperialistische Kolonisation dieses geschundenen Kontinents einzustellen.
Es sind wichtige Rohstoffe in Hüllle und Fülle da, bei deren Ausbeutung ökologische oder gar arbeitsrechtliche Standards, die auch im Westen mit der neokonservativen Präkarisierung zurückgedrängt werden, überhaupt keine Rolle spielen müssen. Immer noch dient Afrika als riesiges Versuchslabor für die hiesige paharmazeutische Industrie, selbst die Forschung an Wohlstandkrankheiten ist davon nicht ausgenommen. Immer noch ist Afrika ein willkommener Absatzmarkt für die hiesige Waffenindustrie. Die Biodiversität des Kontinents wird gandenlos ausgebeutet und durch weltweite Patente den Afrikanern gestohlen.
Neuerdings werden riesige landwirtschftliche Flächen in Afrika gekauft oder gepachtet, um Nahrungsmittel für die Märkte der sogenannten ersten Welt zu erzeugen, Preise nochmals unterbieten zu können und die Nahrungsmittelsicherheit im Westen zu gewährleisten, während nebenan gehungert und an Seuchen wie Malaria gestorben wird, gegen die seit Jahrzenten keine neuen Arzneien erfunden werden, weil die zu erwartende Einnahmen in den s.g. Entwicklungsländern den Forschungsaufwand der pharmazeutischen Industrie nicht rechtfertigen.
Wenn sich daran etwas ändern soll, muss sich zunächst die tief verwurzelte, ungebrochen koloniale Sichtweise auf Afrika ändern. Die Multiplikatoren dieser neoliberalen, neokolonialen imperialistischen Sichtweise sitzen in den Medien und in den politischen Parteien, in den Aufsichtsräten, in der goßen Fußball-WM Verwertungsindustrie und in den Thinktanks des Neoliberalismus. Und wir, die wir nicht nachdenken und nicht darüber sprechen, begehen Verbrechen, die nicht hinnehmbar sind – auch ein Sportreporter, der eine schlechte Glosse in verbrämter Herrenreitermanier abliefert, tut dies.
Ich kann über kein Tor dieser Weltmeisterschaft jubeln, solange gehungert, gestorben, und (ganz nebenbei) für wahnsinnige Sport-Leistungen gedopt wird. Ich kann es nicht.
PS: Gerade mailt mir ein Kollege, die ZDF-Moderatorin Kathrin Müller-Hohenstein der Begenung Deutschland-Australien kommentiert: Kloses Tor in der 26. Spielminute, sei ein „innerer Reichsparteitag“ für den Spieler. Auf Twitter geht der Shitstorm gegen die Äußerung im ZDF sofort los. Sehr gut; ich habe Hoffnung. Der Twitterer „dumdidum“ schreibt: „Kathrin Müller-Hohenstein faselt von ‚innerem Reichsparteitag‘. Fehlt noch ‚Endlösung der Vorrundenfrage‘ !“ Die 11Freunde fanden, dass sei keine Lappalie aber auch widerum typisch, und fordern Frau Müller Hohennstein auf, die 11Männer-Bühne zu verlassen. Die Herren der Schöpfung führen dazu ein anderes Beispiel „fußballerischen Unsachverstands“ an, das freilich als generelles Beweismittel in mehrfacher Hinsicht abgestanden ist: Carmen Thomas, 1973: „Schlake 05“. Wie kann frau nur. Frauen raus aus dem Männerjewerbe? Gell Ihr Freunde, die Gelegenheit war ja mal sehr günstig. Ein bischen Reporterinnen-Bashing macht sich immer gut am Stammtisch… Prost, prost Kameraden, jetzt woll’n wir einen heben…Einer geht noch, einer geht noch rein – eigentlich der schönste bis jetzt: Wolfgang Hettfleisch in der Frankfurter Rundschau meint: Nu aber flugs in die Puschen, Broder!
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