Die Sache mit dem Päckchen aus Amerika
Gestern, als ich meine kleines Posting fertig hatte, war ich wieder mal so süchtig, dass ich noch die 2:00 Uhr Nachrichten im D-Funk hören musste. Müde habe ich gelacht, beim ZDF reingeschaut und den Nachtrag verfasst, der die Sache sehr in meinem Sinne abrundete.
Heute wissen wir eigentlich auch nicht mehr – von BILD, die wie immer zuerst mit der Leiche gesprochen haben, dass die greise Mrs. Copello, Großmutter des Inhabers der Frima ‚Larry Copello Incorporated‘, Bombaneatrappen bastelt – und das vermutlich nicht einmal in ihrer Freizeit, also zu ihrem Vergnügen. Denn es handelt sich ja um ein kleines 1979 gegründetes Familienunternehmen mit gerde mal 600.000 $ Jahresumsatz, das die Copellos betreiben. So zumindest kann das jeder im Web recherchieren, woher die meisten der hiesigen Journalisten ihre Erstinformationen wohl auch bezogen haben. Denn sie sind faul und verweichlicht. Und eigentlich gibt es nicht viel mehr, wie gesagt.
Was verkauft nun Larry? Das könnte man grob mit Knarren und Christbaumschmuck umreißen – nämlich Bombenatrappen, Metalldetektoren, Röntgenscanner und „taktisches Zubehör“, was immer das sein mag -Senfgas, Plutonium oder Mormonenbibeln.
Branchentechnisch ist Larrys Inc. jedoch unter den Stichwörtern Elektrische Ausrüstung, Munition, Kleinwaffen, medizinisches und dentalmedizinisches Zubehör sowie Carnival Amusement, Park Equipment, Christmas Tree Lighting Sets, Electric Insect Lamps, Electric Fireplace Logs, und Trouble Lights! (das passt schon) kategorisiert.
Hey Tommi, alter Schlawiner, Carnival Amusement könntest Du vielleicht gebrauchen, wenn Du uns nach Deiner nächsten Ansage wieder bittest, nicht hysterisch zu werden. Und Christbaumbeleuchtung passt doch prima zur Jahrezeit und in die düstere aktuelle Bedrohungslage. Spaß beiseite. Ich fasse zusammen: Am Mittwoch wird von den namibischen Sicherheitsleuten am Flughafen von Windhoek eine Bonmbe gefunden die sich nicht sofort, aber relativ bald als eine Atrappe herausstellt. Denn sie trägt das Label „X-Ray Test Object – non-hazardous“ des kalifornischen Familienunternehmens von Larry.
BILD will heute wissen, dass Larry noch am selben Tag Besuch vom FBI hatte und anhand von Fotos bestätigt hat, dass die Atrappe drei Jahre zuvor von seine Oma gebastelt wurde. Was dann mit der tauben Nuss wurde, wissen wir und BILD auch nicht. Das ist nun Gegenstand der Ermittlungen der deutschen, der namibischen, und vor allem der US-amerikanischen Behörden.
Man darf annehmen, dass sie auch als erste zu einem Ergebnis gekommen sind, denn sie haben ja früher angefangen, als Deine Leute Tommi. Man darf weiter annehmen, dass sie schon am Mittwoch wussten, dass es sich bei dem delikaten Fund um eine Atrappe handelte und woher diese stammte – und jetzt wollt ihr uns doch nicht erzählen, Tommi und Bild, dass ihr das nicht auch wusstet, weil die Ammis und die Briten bei Terrorermittlungen gerne Versteck spielen: Nein, ich glaube Tommi hats gewusst, und BILD konnte es sich zumindest an fünf Fingern abzählen.
Aber warum wurden die deutschen Sicherheitsbehörden nicht darüber informiert?
Hintergrund: Amerikaner und Briten lassen sich bei ihren Anti-Terror-Ermittlungen grundsätzlich nicht in die Karten schauen. Geheimdienst-Informationen werden trotz 11.-September-Schock immer noch nur sehr zurückhaltend ausgetauscht. Und wenn, dann mit erheblicher Verzögerung. Das zeigt auch das Beispiel der Paket-Bombe aus Jemen. Britische Sicherheitsbehörden hielten Informationen über den geplanten Terror-Anschlag tagelang zurück.
Warum sollten das denn Geheimdiensinformationen gewesen sein, nach dem feststand, dass es sich um eine Atrappe handelte? Es werden wohl gewöhnliche polizeiliche Ermittlungsakten sein, die der Tommi auch gleich gekriegt hat. Die vorläufige Auflösung dieses Plots ist also ein bisschen mäßig: DieCIA war’s, schreibt BILD unter Berufung auf Berliner Schapphutkreise. Zumindest aber ein westlicher Dienst stecke dahinter. Wenn das gestern Mittag in einem Blog gestanden hätte, würde man es dementiert haben und für eine Verschwörungstheorie abgetan.
Ehe ich’s vergesse: Larry, seine Oma und die ‚Larry Copello Incorporated‘ haben nicht mal eine Webseite. Google Streetview zeigt eine (vermutlich mindestens drei Jahre alte) Ansicht des Betriebsgeländes. Es gibt auf dem Pnorama-Bild auch kein Firmenschild, obwohl die Firma ja seit 1979 existieren soll. Die Nachbarschaft sieht nicht sehr bewohnt aus, es ist also wohl ein Gewerbegebiet. Vielleicht sind sie ja erst vor drei Jahren dahin gezogen. Was es dort aber gibt, sind viele mexikanischen oder südamerikanische Namen. Vermutlich beschäftigt Larry die Einwanderer, vielleicht auch arme Teufel ohne Papiere. Kleine Unternehmen in Kalifornien sind für ihre Großzügigkeit gegenüber Beamten bekannt aber auch sehr einfallsreich darin, Zoll und Emigrantionsbehörde hinters Licht zu führen. Die Staatsangestellten werden alle sehr mies bezahlt. Das steht euch hier auch noch bevor, werte Staatsdiener.
Der Umzäunung nach zu urteilen, die das Areal umgibt (sowas sieht man sonst vor US-Millitäranlagen), würde ich, wenn schon, dann auf NSA tippen, und nicht auf CIA. Das Tor stand sperrangelweit offen, als NSA-Ableger Google seine Fotos schießen ließ. Ja Entschuldigung, ein bisschen Verschwörung muss schon dabei sein bei dieser langweiligen Lügengeschichte, Tommi!
Baron Wolfram von Charlottenburg zu Wilmersdorf