Stoppt die Kriegsverbrechen in Gaza!

Unter der Überschrift „Stoppt die Kriegsverbrechen in Gaza!“ haben sich Amnesty International und Personen des öffentlichen Lebens in einem offenen Brief an die Bundesregierung gewandt. Erstunterzeichner sind u.a. Enissa Amani, Sandra Hüller, Luisa Neubauer, Fatih Akin, Axel Prahl, Kurt Krömer, Bjarne Mädel, Michael Maertens, Hans-Jochen Wagner, Michael Barenboim, Abdul Kader Chahin, Thelma Buabeng, Negah Amiri. Ich schließe mich den Forderungen und der Argumentation vollumfänglich an.

Es gibt die Möglichkeit, den Brief auf der Petitionsplattform „weact“ online zu unterzeichnen: Stoppt die Kriegsverbrechen in Gaza!

Der Text als PDF:   Offener-Brief-Deutschland-Gaza-Israel-Forderungen-an-Bundesregierung-Juni-2025

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Merz,
sehr geehrter Herr Vizekanzler Klingbeil,
sehr geehrter Herr Außenminister Wadephul,
sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung,
sehr geehrte Mitglieder des Bundestages,
viele Bürgerinnen und Bürger dieses Landes empfinden eine tiefe Scham angesichts der
deutschen Positionierung im Nahostkonflikt. Laut Umfragen kritisieren 80 Prozent der
Bevölkerung das militärische Vorgehen Israels in Gaza und 60 Prozent sprechen sich gegen
Waffenlieferungen nach Israel aus.
Wir schreiben Ihnen daher mit großer Bestürzung angesichts der anhaltenden humanitären
Katastrophe im Gazastreifen und der Rolle Deutschlands in diesem bewaffneten Konflikt, für
den der Internationale Gerichtshof bereits vor 17 Monaten ein „reales und unmittelbares“
Risiko eines Genozids für plausibel beschied.
International renommierte Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen warnen bereits seit
dem 15. Oktober 2023 vor einem möglichen Genozid – und zwar auf Basis dokumentierter
höchstgerichtlich fixierter Aussagen der israelischen Regierung und Armeeführung.
Seitdem hat sich die Katastrophe vor den Augen der Weltöffentlichkeit und der deutschen
Politik immer weiter verschärft. Die Verantwortung, trotz dieser eindringlichen Warnungen
nicht den völkerrechtlichen Verpflichtungen zur Verhinderung eines Völkermordes
nachgekommen zu sein, wiegt schwer.
Die Kriegsverbrechen des 7. Oktober 2023 durch die Hamas haben die israelische
Bevölkerung tief erschüttert und traumatisiert. Allen Betroffenen, insbesondere den Geiseln
und ihren Angehörigen, gilt unsere Solidarität sowie unser tiefes Mitgefühl und wir sehen uns
in der Pflicht, ihre Forderungen nach einem sofortigen Waffenstillstand zu stützen.
Die militärische Antwort der israelischen Regierung nach dem 7. Oktober 2023 darf jedoch
nicht als Rechtfertigung für eine Kriegsführung dienen, die von einer Vielzahl internationaler
Völkerrechtler und Völkerrechtlerinnen mittlerweile als unverhältnis- und unrechtmäßig
eingestuft wird. Zumal sie mit der Begehung zahlreicher Kriegsverbrechen durch die
israelische Regierung und Armee einhergeht, darunter Aushungerung und Vertreibung.
Inzwischen äußert sich die israelische Regierung offen zu ihren Plänen einer vollständigen
Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung und einer Annexion des Gazastreifens.
Diese militärische Gewalt dient nicht der Befreiung der noch lebenden Geiseln, deren
Rettung höchste Priorität haben muss. Dieselbe Priorität gilt für Leben, Schutz und Würde
der palästinensischen Zivilisten und Zivilistinnen. Im Sinne des universellen Völker- und
Menschenrechts sowie der Unantastbarkeit der Menschenwürde müssen Bundesregierung
und Bundestag sich ihnen nicht nur in gleichem Maße zuwenden, sondern entschiedener
handeln:
Internationale Organisationen, darunter die Vereinten Nationen, das Internationale Komitee
des Roten Kreuzes, Amnesty International und Medico International sowie zahlreicheWissenschaftler und Politiker weiterer EU-Länder fordern einen sofortigen Stopp von
Waffenlieferungen an Israel sowie eine umfassende humanitäre Unterstützung für die
betroffene Zivilbevölkerung.
Humanitäre Hilfe muss sofortigen Zugang zum gesamten Gazastreifen erhalten. Ihre
Verteilung sollte durch zivile, humanitäre und UN-Organisationen nach den Prinzipien der
Unparteilichkeit und Neutralität erfolgen – und keine weiteren Vertreibungen verursachen.
Die derzeitige international kritisierte Verteilungspraxis bewirkt das Gegenteil: Sie schließt
die vulnerabelsten Gruppen faktisch aus – darunter Schwangere, Frauen, Kinder, ältere
Menschen, Menschen mit Behinderungen und Verwundete, die die Verteilstationen nicht
erreichen können. Diese Praxis führt zu neuer, erzwungener Vertreibung.
Deutschland hat sich stets zu den universellen Prinzipien des Völkerrechts und der
Menschenrechte bekannt. Es ist daher unerlässlich, dass die Bundesregierung ihre
Außenpolitik auch in diesem konkreten Fall an diesen Werten ausrichtet und sich aufgrund
Deutschlands historischer Verantwortung gegenüber Israel nicht selbst von der Pflicht
entbindet, Völkerrechtsverletzungen klar zu benennen und entsprechende Konsequenzen zu
ziehen. Denn die Staatsräson steht weder über dem Völkerrecht noch über dem für seine
Völkerrechtsfreundlichkeit bekannten Grundgesetz.
Deutschland hat aufgrund seiner historischen Schuld eine besondere Verantwortung: sowohl
für die Einhaltung des Völkerrechts und der universellen Menschenrechte als auch für den
Einsatz gegen Antisemitismus und Rassismus.
Das völkerrechtlich verbriefte Recht des palästinensischen Volkes auf Selbstbestimmung
muss das politische Handeln Deutschlands deshalb mitbestimmen. Nur so kann ein Frieden
in der Region und die Sicherheit Israels und Palästinas gewährleistet werden.
Wir fordern daher:
1. Deutliche Positionierung und Einsatz der deutschen Bundesregierung für einen sofortigen
und dauerhaften Waffenstillstand zwischen den Konfliktparteien, um weiteres Leid der
Zivilbevölkerungen zu verhindern.
2. Prüfung und Aussetzung von Rüstungsexporten nach Israel, insbesondere solcher, die in
Gaza, in den besetzten Gebieten des Westjordanlandes, im Libanon und in Syrien zu
Völkerrechtsverletzungen beitragen oder das Überleben der Geiseln und der
palästinensischen Zivilbevölkerung gefährden.
3. Einsatz für die ungehinderte humanitäre Hilfe für alle Menschen im gesamten
Gazastreifen, einschließlich der Bereitstellung von Nahrungsmitteln, medizinischer
Versorgung und anderer lebensnotwendiger Güter durch zivile humanitäre
Hilfsorganisationen und UN-Organisationen nach den für humanitäre Hilfe geltenden
Prinzipien.
4. Stärkung des internationalen Strafgerichtshofs und internationaler Organisationen, indem
die Bundesregierung unmissverständlich erklärt, dass Deutschland sich an internationales
Recht halten wird – einschließlich der Pflicht, den Haftbefehl des Internationalen
Strafgerichtshofs gegen israelische Politiker zu vollstrecken.
5. Koordinierung mit der Politik europäischer und internationaler Partner wie u.a. Frankreich,
Kanada oder Spanien, die sich für eine menschenrechtsbasierte Nahostpolitik positionieren,
sowie eine proaktive Unterstützung gemeinsamer Maßnahmen, um dadurch politischenDruck auf die israelische Regierung auszuüben – mit dem Ziel der sofortigen Beendigung
des Krieges, dem Ende der Besatzung, dem Ende der Luft-, See- und Bodenblockade
Gazas, dem Ende der laut Internationalem Gerichtshof illegalen Siedlungspolitik im
Westjordanland sowie der dortigen fortlaufenden Gewalteskalation gegenüber
palästinensischen Zivilisten und Zivilistinnen, als auch dem Recht von Israelis und
Palästinensern auf Gerechtigkeit, Sicherheit und Selbstbestimmung.
Wir appellieren an Sie, die moralischen Grundsätze, die das gesellschaftliche Fundament
der Bundesrepublik bilden, vollumfänglich und ohne Ausnahme zu respektieren. Richten Sie
die deutsche Außenpolitik so aus, dass sie dem Anspruch der Demokraten und
Demokratinnen dieses Landes gerecht wird und dass Deutschland eine friedensfördernde
Rolle in der Welt einnimmt – auf dem festen Fundament der Menschenrechte und
Menschenwürde.
(Erst-)Unterzeichnende in alphabetischer Reihenfolge
1. Said Etris Hashemi – Autor, Aktivist und Initiator des Aufrufs
2. Fatih Akin – Regisseur und Drehbuchautor
3. Hassan Akkouch – Schauspieler
4. Negah Amiri – Moderatorin
5. Enissa Amani – Künstlerin, Menschenrechtsaktivistin
6. Kathrin Angerer – Schauspielerin
7. Aleida Assmann, Prof. Dr. – Kulturwissenschaftlerin
8. Beatsteaks (Band) – Musiker, Berlin
9. Karima Benbrahim – Erziehungswissenschaftlerin, Autorin
10. Michael Barenboim, Prof. – Musiker und Professor an der Barenboim-Said-Akademie
11. Sebastian Blomberg – Schauspieler
12. Simone Buchholz – Schriftstellerin
13. Thelma Buabeng – Schauspielerin, Comedienne und Fernsehmoderatorin
14. Tim Bruening – Fotograf
15. Traudl Bünger – Autorin und Dramaturgin
16. Abdul Kader Chahin – Comedian & Satiriker
17. Christina Clemm – Rechtsanwältin, Berlin
18. Max Coga – Profisportler
19. Tsafrir Cohen – Geschäftsführer, medico international
20. Asal Dardan – Autorin
21. Julia Duchrow, Dr. – Generalsekretärin, Amnesty International Deutschland e.V.
22. Tahsim Durgun – Content Creator und Buchautor
23. Parshad Esmaeili – Entertainerin und Comedienne
24. Pegah Ferydoni – Schauspielerin, Moderatorin
25. Naika Foroutan, Prof. Dr. – Sozialwissenschaftlerin, Humboldt-Universität zu Berlin
26. Melika Foroutan – Schauspielerin
27. Fessum Ghirmazion, Dr. – Gewerkschaftssekretär
28. Matthias Goldmann, Prof. Dr. – Professor für Internationales Recht
29. Britta Hammelstein – Schauspielerin
30. Sabine Hark, Prof. Dr.
31. Edin Hasanovic – Schauspieler
32. Jouanna Hassoun – Menschenrechtsaktivistin33. Sandra Hüller – Schauspielerin
34. Martin Kaiser – geschäftsführender Vorstand, Greenpeace e.V.
35. Stephan Kampwirth – Schauspieler
36. Friederike Kempter – Schauspielerin
37. Romin Khan – Gewerkschaftssekretär, stellvert. Vorsitzender Mach meinen Kumpel nicht
an! e.V.
38. Fynn Kliemann – Musiker, Unternehmer, Influencer
39. Kurt Krömer – Comedian, Schauspieler und Autor
40. Michael Maertens – Schauspieler
41. Bjarne Mädel – Regisseur und Schauspieler
42. Ralf Michaels, Prof. Dr. – Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales
Privatrecht
43. Jürgen Micksch, Dr. – Theologe
44. Aljosha Muttardi – Arzt und Aktivist
45. Luisa Neubauer – Klimaaktivistin und Autorin
46. Jannis Niewoehner – Schauspieler
47. Özgür Özvatan, Dr. – Geschäftsführer Transformakers, Vize-Präsident Berliner
Fußball-Verband
48. Axel Prahl – Schauspieler
49. Trystan Pütter – Schauspieler
50. Eva von Redecker – Philosophin
51. Seyneb Saleh – Schauspielerin
52. Mithu Sanyal – Schriftstellerin und Kulturwissenschaftlerin
53. Alexander Schwarz, Dr. – Jurist und Co-Leiter im Programmbereich Völkerstraftaten und
rechtliche Verantwortung beim ECCHR
54. Kai Schumann – Schauspieler
55. Jasmin Shakeri – Schauspielerin und Musikerin
56. Devid Striesow – Schauspieler
57. Margarita Tsomou, Prof. Dr. – Autorin, Kuratorin
58. Laura Tonke – Schauspielerin
59. Jördis Triebel – Schauspielerin
60. Hans-Jochen Wagner – Schauspieler
61. Harald Welzer, Prof. Dr. – Sozialpsychologe
62. Natalia Wörner – Schauspielerin