Wohnraum war schon damals teuer – aber noch nicht so teuer und so knapp. Nachdem ich mich entschieden hatte ab dem Sommersemester 1980 in München Philosophie und Theaterwisssenschaften an der LMU zu studieren, zog ich zunächst mit einem jungen Tänzer an der Staatsoper in eine 1-1/2 Zimmer-Wohnung in der Nähe des Englischen Gartens. Das hielt nicht lange. Als mein Hausrat endlich mit dem Auto aus Berlin am „Englischen Garten“ angekommen und ausgepackt war, ließ ich dort alles stehen und zog weiter. Auf einer Rolltreppe hatte ich mir das Bein schwer angeknackst und lief nun mit Gips und auf Krücken in der für mich neuen Stadt herum. Alles sehr fröhlich! Ich landete im Wohnzimmer des Ballettdirektors Edmund Gleede († 12. September 2023) in der Müllerstraße, wo allerdings schon der Bühnenbildassistent von Jürgen Rose wohnte, der in meinem Alter war. Überhaupt war Eddys ganze Bude von morgens bis abends überbevölkert. Essen und interessante Begegnungen mit Tänzern, Sängern, Schauspielern, Musikern gab’s zuhauf. Manchmal übernachteten noch 4 bis 5 anderen Leutchen. Schätzungsweise ein halbes Jahr lang ging das so, dann suchten wir, die legitime Wohnzimmerstammbesatzung, uns eine eigene Bude, eine hellhörige 2-Zimmer Neubauwohnung am Harras mit schmaler Küche, Bad ohne Fenster aber Badewanne und zwei Balkons (mit Aussicht auf die Bahnstrecke Richtung Salzburg und einen Friedhof) – 800 DM. Es ging wirklich richtig zur Sache dort – häufig Party und Dauergäste. Der arme Hauswart (Herr Zacher) und die meisten Mieter waren im Rentenalter. Ich bin bei Lärm heutzutage bei weitem nicht so duldsam, nett und tolerant wie die Nachbarn in der Marbachstraße es waren. Mir schien damals, es gäbe sie wirklich, die „Liberaritas Bavariae“. In Berlin kennt man so was nicht.
