Isnogud und die ISS-Besatzer

Wer wirklich wissen will, wie es um die Krieg führende ehemalige Supermacht USA gefühlsmäßig und logistisch bestellt ist, der sollte sich das Durchhaltevideo der amerikanischen Armee ansehen, das die NASA auf ihrer Internetseite  für nicht in die Army eingebettete Journalisten und das vom westlichen journalistischen Mainstream verrohte und verdummte Publikum bereitstellt – ganz unzensiert. Danke!

Es zeigt ausgesuchte Spezialkräfte, die ihren Dienst für Frieden, Demokratie und den weltweiten „American Way of Life“ in Bagdad ableisten, abkommandiert zur Propagadamission: <Kontakt mit Army -Kammeraden auf der ISS>, Bagdads US-Besatzungstruppen zu Gast auf der internationalen Raumstation. Ein Presseoffizier macht den Letterman vor einem ca. fünfundzwanzigköpfigen weißen Frontbetreuungs-Publikum und einem sichtlich verängstigten Proporzschwarzen, der die ehrlichste Frage an die Astronauten dort droben stellen darf. Letterman versucht ein Witzchen über Bagdad. Sieht man diese Versammlung, dann fragt man sich unwillkürlich, nach was für einer synthetischen Scheiß-Droge man auf solch einen entsetzlichen Turkey kommen kann, wie diese Soldatinnen und Soldaten in „downtown Bagdad“, haha, haha.

Es ist erschütternd!

Beethoven, Klaviersonate Nr. 2, A-DUR, op.2/2. III ScherzoTrio: Allegretto, Artur Schnabel, 1934

Aber das alles verfehlt seine Wirkung nicht, wenn man nicht schon von offizieller Lesart bei klarem Verstand dauerbenebelt ist. Sehr schreit dieses Durchhaltevideo einen da an: Wie gern wären wir, Iraks und Bagdads gehasste Besatzer, jetzt auf dem Mond, dem Mars oder mindestens der ISS. Überall möchten wir sein, wir Männer und Frauen, wir Weißen, Schwarzen, Roten, Gelben, wir Kranken, wir Abgestumpften, wir seelischen Krüppel, wir Verrückten, wir am Krieg, der niemals eine Rechtfertigung haben kann, Erkrankten. Wir sind keine Menschen mehr,  schreit das Video einen an, wir benehmen uns für die Propagandakamera nur einmal mehr wie echte Amerikaner. Weil man es von uns verlangt, tun wir optimistisch idiotisch- patriotisch, auch wenn’s schwer fällt. Oh, wer auch immer, du großer Potentat, wie sind wir deines Dienstes so überdrüssig satt. Wie sind wir müde, und wie wissen wir, unsere Seelen haben wir verkauft, unsere Menschlichkeit, und ganz am Anfang schon unser Gewissen. Das sagen die Gesichter der Soldatinnen und Soldaten zu dieser Frontbetreuung dort in Bagdad auf der schönen Mutter Erde; und während der Schaltung in’s nahe Weltall lesen sie ihre Fragen vom Zettel ab. Fragen, die nicht einmal im Weltall ankommen, wegen technischer Schwierigkeiten. Früher machte man im „freien Westen“ Witze über die Rückständigkeit sowjetrussischer Technologie.

Die glücklichen Astronauten heute jedoch könnten immer stundenlang erzählen, auch ohne die kindlichen Fragen aus Bagdad, die ein Presseoffizier sich ausgedacht hat, wenn die Raumfahrer da nur nicht ihr übriges Pensum hätten, die Astronautenfitness, medizinische Experimente, die Mördern und normalen sadistischen Technokraten genauso, wie den Verhörspezialisten vom Militär und der internationalen Schlapphutavandgarde jeglicher politischer Provenienz einmal von großem Nutzen sein werden,  auch metallurgische Experimente zur Herstellung noch effektiver Panzer brechender Uran-Projektile usw.

Und natürlich tröstet die Truppe in Bagdad der offizielle Propagandajargon der vergleichsweise sicheren Kammeraden im Weltall kaum bis gar nicht. Er behauptet, sie dort in Bagdad, würden den Frieden sichern und die Freiheit verteidigen. Und sie, die den Krieg bringen, spüren einmal mehr, das Leben der Kameraden im Weltall ist um so viel mehr wert, als das eigene, dieses sinnlose Kanonenfutter. Und irgendwo auf der Welt verzapft bestimmt gerade jemand in irgendeinem Medium den Dünnpfiff von der Verteidigung westlicher Werte und der Abwehr terroristischer Gefahren. Ja, ja.

Überhaupt nichts mehr scheint diese kämpfende Truppe aufrichten zu können, kein vaterländisches Gewäsch, keine Aussicht auf Gehaltserhöhung, nicht die Möglichkeit der postmortalen Befruchtung  US-amerikanischer Heldengattinen – auch die machen immer häufiger Stunk an der Heimatfront. Erst recht ist es kein Trost, dass die Russen auf der ISS keine Feinde mehr sein dürfen, für die beiden astronautischen Militärs der Army. Ey Kumpel, wie fühlt man sich so da oben, wo der Krieg noch nicht hinreicht? Auch hilft es denen da unten nicht, dass man die Erde ganz anders sieht von dort oben, und dass es vielleicht doch einen Gott gibt. Vielleicht, vielleicht aber auch nicht. Nicht einmal macht es die Ungleichen gleich, dass auch die Kammeraden auf der ISS, wie die Besatzer Bagdads auf der Erde, zwar mit modernster Kommunikationstechnik aber trotzdem nicht wirklich mit ihren Familien verbunden sein können.

Dass doch ein Schlaf das Herzweh ende und die tausend Stöße, die unseres Fleisches Erbteil.

Sie alle sind zusammen genommen so unendlich unecht in ihrem Durchhaltestolz, so tot – verbrauchte Hüllen ihrer selbst, angeekelt von ihrer eigenen Sterblichkeit sterben und töten sie im Irak und in Afghanistan – für nichts und wieder nichts. Und sie lügen so auffällig schlecht in die Kameras von CBS, CNN, ARD und ZDF. Warum laufen sie nicht davon, warum desertieren sie nicht massenweise? Sie ahnen doch wohl im mindesten, dass selbst der demokratischste, schwärzeste, liebenswerteste und wohlmeinendste Präsident der Vereinigten Staaten von Nordamerika ihnen, diesen Verdammten und ihren Opfern nicht helfen können wird, wo fein betuchte sportliche Schreibtisch-Mörder in den Aufsichtsräten der Öl-und Rüstungskonzerne, die Lügner und Mörder bei Monsanto und Coca Cola und an der Wall-Street ihre Renditen einfahren müssen und wollen.

Nein, vor Rührung zittern, macht Deine Auftraggeber nur der Machterhalt. Dein Tod, Soldat, ist  wohl kalkuliert, und jede Träne noch, die darüber im TV vergossen werden darf.

BWV 554 Praeludium & Fuge in D-Moll

Nun  warten wir in der BRD noch auf entsprechendes Bundeswehr-Propagandamaterial von falsch jubelnden deutschen Militärs und Gendarmen in Kundus und einem aus dem All zuversichtlich in die Mohnfelder grüßenden Luftwaffenoffizier Thomas Reiter auf der ISS. Na wie wär’s, Presseabteilung der BW, kriegt ihr das hin, oder könnt ihr nur Kinder in ostdeutschen Schulen vollsülzen, wie schön es ist, für’s Vaterland zu sterben, wenn man nur vorher kostenlos den Führerschein bei euch machen durfte? Friert ihr den Samen eurer sächsischen Helden auch ein zur postmortalen Begattung deutscher Heldenmütter? Die Amis machen das, sogar für GI’s aus „My Own Private Idaho“.

Es dauert etwas, bis das Filmchen herunter geladen ist, aber es lohnt sich. Und es kost‘ ja nüscht.

Nachtrag 2025: Das Filmchen wurde von der NASA-Seite  entfernt.

Isnogud und die ISS-Besatzer - Das Propagandavideo