Vor Beginn des Nato-Krieges – Im Westen nichts Neues
Das junge Jahr aber wird nicht gut anfangen. Stündlich warte ich darauf, dass ich die Meldung vom Beginn des Krieges vorlesen muss. Einem Krieg, der mittelfristig noch mehr Krieg, Leid, Terror und Tod zur Folge haben wird, als wir wider alle eigene Erfahrung nicht klug gewordenen Deutschen, uns das jetzt überhaupt erst schon vorstellen können? Auf jeden Fall ein Krieg, den keiner von meinen Kolleginnen und Kollegen mutig genug sein wird, rechtzeitig und nachhaltig als das zu betiteln, was er sein wird: unmoralisch, völkerrechtswidrig, pervers und einer Menschheit, die auf das 21. Jahrhundert zusteuert, gänzlich unwürdig.
Solange sie durch die Auswirkungen dieser sinn- und würdelosen Aggression nicht unmittelbar und schmerzlich selbst betroffen werden, machen sie Dienst nach Vorschrift. Es muss ihnen schon die Bombe selbst auf‘ s Haupt fallen, damit sie anfangen hinter der verkümmerten Sprache der Diplomatie und der katzbuckelnden der politischen Verlautbarung, die totale öffentliche Mobilmachung des Horrors zu erkennen.
Was wir in den Medien im Moment mehrheitlich erleben ist ein weiterer Schritt einer perfiden Taktik, die zum Ziel hat, das Volk auf den Krieg einzuschwören; will heißen: seine miesesten Instinkte vermehren, seine schlimmsten Vorurteile schüren und seine notorische Angst vor allem Fremden einem leicht lenkbaren Wirgefühl urbar machen. Und ich frage mich täglich: Sind sie nur dumm und faul die Kolleginnen und Kollegen, oder schon gemeingefährlich?
Ich habe in meiner Redaktion das Bild eines Soldaten aus dem ersten Weltkrieg aufgehängt, dem man den Unterkiefer weg geschossen hat. Es hat keine zwei Stunden da gehangen, dann hat irgendwer es kommentarlos in den Papierkorb entsorgt. Ich habe keine Angst; ich bin nur maßlos verbittert. Die journalistische Neutralität, hinter der die Kolleginnen des Tages in Deckung zu gehen pflegen, ist in diesen Zeiten so, als würden sie Ihren eigenen Kindern die Knarre an die Schläfe halten. Es gibt keine humanitären Kriege.
Immerhin: ein einzelner Kollege, von dem ich viel halte, hat mich gebeten, ihn anzurufen, wenn dieser Krieg anfängt. Auf bessere Nachrichten!