„Furz in der Laterne“

Johann Sebastian Bach geriet tragischerweise an das barocke PR-Genie John Taylor. Der „behandelte“ den grauen Star des erblindeten Komponisten „öffentlichkeitswirksam“ im Wirtshaus. Wozu zu merkantiler Pfusch führt, kann man sich nicht anders als grauenhaft vorstellen – die Qualen Bachs, die er in äußerster Not auf sich nahm, mit der vagen Aussicht die Erblindung rückgängig machen zu können – seine und die Existenz seiner großen Familie waren gefährdet. Mehr aber noch empört das Systemische der Gesellschaftsordnung dahinter, welches den Okulist „Chevalier John Taylor“ hervorbringt, dessen Gewissen Leid und Tod seiner „Kunden“ verträgt, um in eine höhere bürgerliche Kaste aufzusteigen und sich dort mit Blut besudelt dauerhaft einzurichten. Bach war zäh und starb erst an den Folgen von Taylors zweitem Pfusch. Taylor zerstörte mit der selben Masche zwei Leben, das von Johann Sebastian Bach und von Georg Friedrich Händel. Was für eine Verschwendung. Heutzutage erlauben wir uns freilich eine gewisse Gediegenheit: Außer Fresenius, Deutsche Wohnen und Rheinmetall haben „wir“ auch ein paar sozial und ökologisch zertifizierte Aktien (zur Alterssicherung) in unseren stets breit gefächerten Portfolios, man wäre ja schön blöd…

Doch das Leben ist trotzdem nur ein „Furz in der Laterne“ (Herta Müller).

Und das Handwerk hat gar keinen Boden mehr, wenn es nicht zufällig noch vereinzelt der Hände Arbeit meint statt schnöder Meinungsmache. Bei der schönen Tonerzeugung und im Zusammenspiel mit anderen Handwerkern ist es, merkantilen Gepflogenheiten zum Trotz, weiterhin hoch angesehen.

Auf Instagram, Facebook und whatsApp posten ja auch viele Scharlatane und andere Werbetreibende und kennen keine korrekte Scham (Wehe, Wotan, Walte), ey, sowas Werbehandwerk zu nennen. Wie viele Sülzköppe ihren Auswurf noch Handwerk nennen werden, ist nicht abzusehen. Handwerk gibt es wirklich nur noch äußerst limitiert. Das andere, das Gesülze, sollten wir öfters beim Namen nennen: Maulheldentum. Wenn das im wörtlichen Sinne nicht auch andere, gute und ehrliche Tonerzeuger trifft, die mit Lippen, Luft und Spucke den Himmel auf die Erde holen können. Engelstrompetengleich.

Oft diktieren Scharlatane einfach. Mittels Spracherkennungsprogramm in ihr neuestes
MoBeildieweiß, warte nur balde…. Mit all den überflüssigen, häßlichen, werblichen Anglizismen werden die Apparate besprochen wie Hühnerknochen in Merseburg, nur das die Zauber gar keine Brüche heilen sollen, sondern Kohle einspielen. Tayloristische Tricks und all die Ponzi-Schemen zum Persil-Verkaufen konnte die Spracherkennung schon im Entwicklungsstadium richtig buchstabieren. Nur keine ehrlich erfundene Phrase wie Atomwaffensperrvertrag oder Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Das verweigern die geleerten Algorithmen der Sprachverfolgung. Woraus man schließen sollte, wer sie programmiert hat und wozu.

Manchmal kommt der zwischenmenschliche Rhythmus dann wieder zum Vorschein. Kein vernünftiger Mensch soll weinen, wenn durch den kurzzeitigen Ausfall milliardenschwerer Plattitüden das dämliche Gequatsche in den s.g. sozialen Netzwerken für drei Minuten endlich mal aufhört. An die regelmäßige fehlerhafte Konfiguration von Routern von Montag bis Freitag könnte ich mich jedenfalls direkt gewöhnen. Wenn allerdings nach vielen ehrlich erzeugten Klängen eines Konzerts die Stille vor dem Applaus andauert, sieht das gleich anderes aus – mit nichts zu übertreffen sind die Intermezzi des Schweigens.