Heute mailt ein Kollege eine Presseerklärung des Bundesverbands Mehr Demokratie e.V. :
Noch im Dezember könnte ein Konvent einberufen werden: Ziel ist der Ausbau der Fiskalunion
Mehr Demokratie: Schäuble will EU-Konvent zum Handlanger der Eliten machenDer Verein Mehr Demokratie kritisiert die Pläne von Finanzminister Wolfgang Schäuble, noch in diesem Jahr einen Konvent aus Abgeordneten des EU-Parlaments und der nationalen Parlamente einzuberufen, der Änderungen der EU-Verträge in Richtung einer Fiskalunion erarbeiten soll. „Ein EU-Konvent sollte mindestens teilweise direkt gewählt werden, ergebnisoffen tagen und in Volksabstimmungen in allen Mitgliedsstaaten münden“, sagt Michael Efler, Vorstandssprecher von Mehr Demokratie. „Schäuble dagegen gibt das Ziel des Konvents-Prozesses bereits vor: Die Fiskalunion soll unaufhaltsam und über die Köpfe der Bevölkerung hinweg vorangetrieben werden. Ein Konvent würde damit zum Handlanger-Gremium der europäischen Eliten.“
Nach den Vorschlägen des Finanzministers sollen die Mitgliedstaaten weitere Wirtschaftskompetenzen an die EU abgeben, unter anderem soll der EU-Währungskommissar Mitgliedstaaten zwingen können, ihre Haushalte den EU-Vorgaben anzupassen. „Damit geht der Finanzminister über die im Fiskalvertrag vorgesehene Eingriffsrechte, die vom Bundesverfassungsgericht noch gebilligt worden sind, hinaus“, erklärt Efler. „Während im Fiskalvertrag nach der Auslegung des Bundesverfassungsgerichts lediglich wirtschafspolitische Empfehlungen an die Mitgliedstaaten vorgesehen sind, könnten die Länder nach Schäubles Vorschlag zu Nachbesserungen ihrer Haushaltsentwürfe verpflichtet werden.“
Ich antwortete darauf:
Und im Innern: Heute Mittag hörte ich einen kurzen Merkel O-Ton von dem Treffen der Arbeitgeber (dtsch. Arbeitgebertag in Berlin) im Deutschlandfunk. Launig, trotz der Meinungsverschiedenheiten wegen von der Leyens wahltaktischem Rentengefasel, ließ die Kanzlerin die Welt wissen, wie man das kleine Problem mit der Tarifbindung und den neuen Einzelgewerkschaften in den gesetzgeberischen Griff zu bekommen gedenkt: Sie will sich mit den Arbeitgebern! an einen Tisch setzen. Das heißt, die werden wieder einmal das neue Gesetz selber schreiben. Auch nicht die kleinste Andeutung in der Öffentlichkeit, dass an diesem Tisch doch verdammt zuerst die Vertreter der Arbeitnehmer zu sitzen haben, denn es geht um Arbeitnehmerrecht! Da können wir uns gut vorstellen, wie Muttis uckermärkisches Pokerface dann auf der nächsten Party im Kanzleramt bei Hund und Keitel auch gleich ein bisschen sammelt für den Wahlkampf – also den Klassenkampf der Arbeitgeber.
Aber das alles verwundert kaum in dieser Bananenrepublik. Die Haltung des DGB im Tarifkampf der GDL 2011 beispielsweise: Was die Lokführer in dem Tarifkonflikt „im Vergleich zu den anderen Gruppen zusätzlich herausholen, ist für den Rest der Bahn-Beschäftigten verloren“, O-Ton Sommer in der BILD. Was ist das nur für eine gottserbärmliche Verdrehung der Tatsachen. Das ist dermaßen kontraproduktiv. Anstatt sich der DGB und seine Einzelgewerkschaften an den Forderungen der Kollegen von der GDL nach oben hin orientieren, ihre Gangart gegenüber den Arbeitgebern wirklich aufs Äußerste verschärfen, also Kampfbereitschaft und Solidarität zeigen, glänzen sie abwechselnd mit staatstragenden und kämperischen Sprechblasen wie „heißen Herbst“ in der Öffentlichkeit. Sie haben Muskeln, Hirnschmalz, Geld und einen immer noch schlagkräftigen Organisationsgrad auf ihrer Seite und lassen sich auf einen Kampf um Besitzstände und gegeneinander ein, statt die dreisten Unverschämtheiten des BDI und BDA mit einem echten proletarischen Kinnhaken downzuknocken. Unsolidarisch und dumm agiert der DGB und nicht die GDL.
Und in den Nachrichten und Kommentaren kommt das so, als sei es noch nie anders gewesen. Das Pack schlägt sich; der DGB verträgt sich brav in den Grenzen von Artikel 9 Absatz 3. Sie haben sich rauskanten lassen, die Kollegen Bosse. Sie haben nicht den geringsten Einfluss mehr auf die Politik der letzten drei Regierungen einschließlich der schwarz/gelben, verzichten aber darauf den gesellschaftlichen Einfluss ihrer Organisationen zu verstärken und zu erneuern durch die den Gewerkschaften originär zu Gebote stehenden Machtmittel.
Riexinger, auch er Gewerkschafter, hält seine ohnehin laue Rede auf dem Syntagmaplatz nicht, weil es ein Demonstrationsverbot gibt. Das ist geradezu paradigmatisch für die Politik der deutschen Gewerkschaften. Da sind „die Massen“ nun da und keiner redet zu ihnen, stärkt ihnen den Rücken im Kampf, redet Tacheles. Der konsensuale Weg ist seit 20 Jahren langsam und stetig und immer dreister einseitig von der Arbeitgeberseite aufgekündigt und in den Dreck gezogen worden. Es gibt keine Verpflichtung mehr sich im Einzelnen und auch nicht gesamtgesellschaftlich daran fest zu klammern.
Slavoj Žižek, der frz. poststruktualistischen Schule verpflichtet und Marxist, bringt die Handlungsgrundlagen auf eine anschauliche Formel: „The marriage between capitalism and democracy is over.“ Nur Kollege Sommer, Kollege Bsirske und Kollege Huber haben das noch nicht entdeckt.
Wann ruft ihr in der BRD endlich zu politischen Streiks auf, Kollegen und Genossen?